Um Triebwerke der Größenordnung der Suborbitalrakete Houbolt testen zu können, wurde ein großer Teststand entwickelt. Um auch für künftige Projekte genügend Kapazitäten zu bieten, ist der Teststand für einen maximalen Schub von 24kN ausgelegt, was ihn zum Größten jemals in Österreich betriebenen macht. Für maximale Flexibilität kann er nicht nur mit der für Houbolt vorgesehenen Treibstoffkombination von Ethanol/Lachgas betrieben werden, sondern mit allen gängigen Kombinationen wie etwa auch Ethanol/LOX (Flüssiger Sauerstoff). Für mehr Flexibilität was den Testort betrifft, ist das Gerüst auf einem schweren Anhänger montiert, was es uns ermöglicht Erweiterungs- und Wartungsarbeiten in unserer Werkstatt durchzuführen. Dies verringert die Anforderungen an den Testort immens.

Anfang Juni wurde mit dem GATE Triebwerk der erste Hot-Fire Test auf Franz durchgeführt – mit ausgezeichnetem Erfolg:

 

Systemaufbau

Der Teststand besteht aus vier Haupsektionen, welche durch Stahlblechwände voneinander abgetrennt sind. Diese Sektionierung schützt vor Ausbreitung von austretenden Fluiden und Bränden, etwaiger Wärmestrahlung im Brandfall und bedingt vor Trümmerflug.

In der vorderen Sektion (Sektion 1) findet sich das Testcompartment und etwaige gefährliche Substanzen/Systeme (Batterien für Pumpentests, Gaskartuschen für Torch-Igniter). Das Testcompartment und damit das Triebwerk sind in einem Winkel von etwa 30° nach unten geneigt, um im Falle einer Fehlzündung sicherzustellen, dass der ausgestoßene Treibstoff abfließt und sich nicht innerhalb des Triebwerks sammelt.

Die mittlere Sektion (Sektion 2) beherbergt den Oxidatortank. Dieser ist in Schräglage auf einem erhöhten Gerüst angeordnet, um einen möglichst kurzen Fließweg ohne starke Rohrbiegungen und Krümmungen sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig zur Vermeidung von Kavitation. Im Betrieb ist der Tank auf vier Wägezellen gelagert, welche die Masse und damit den Massenstrom ins Triebwerk kontinuierlich messen. Zusätzlich finden sich in dieser Sektion Platz für zwei 200L Fässer mit Betriebs- und Löschwasser, welches bei Bedarf über Tauchpumpen dem Feuerlöschsystem zugeführt wird.

Sektionen 3 und 4 finden sich im hinteren Teil des Teststandes, Sektion 4 enthält den Treibstofftank, Sektion 3 beherbergt drei 50l Stickstoffflaschen für die Bedruckung von Treibstofftank und Oxidatortank sowie für die Versorgung der Stickstoffvernebler- und Purge-Systeme. Zusätzlich befinden sich dort Ventil- und Schaltpaneele für die Druckgasversorgung als auch das Elektronik- und Steuerungssystem.

Struktur

Um die auftretenden Lasten aufzunehmen benötigt der Teststand ein stabiles Grundgerüst, welches aus Stahl-Formrohren bestehen, die über Verbindungselemente miteinander verschraubt sind. Dies führt zu einem geringen Gewicht in Kombination mit guter Tragfähigkeit und geringen Kosten. Um den Anhänger beim Testlauf nicht zu überlasten, ist der Teststand in der Lage sich selbst zu tragen. Hierfür werden 6 Stützen angebracht, welche, im Boden verankert, die gesamte Testlast tragen können. Wenn notwendig kann der Anhänger vom Teststand entkoppelt und herausgezogen werden.

Tanks

Die Tanks für Brennstoff und Oxidator bestehen aus Edelstahl und besitzen Anschlüsse an der Ober- und Unterseite. Die Anschlüsse auf der Unterseite dienen dem Betanken und Entnehmen der Flüssigkeiten. Der Deckel beherbergt die notwendigen Anschlüsse für Sicherheitsventile und Druckgasversorgung.

Rohrleitungssystem

Das Rohrleitungssystem besteht hauptsächlich aus Komponenten der Firma Swagelok, welche sich durch hohe Dichtigkeit, Kompatibilität, sowie gute Druckbeständigkeit auszeichnen. Die Auslegung und Zusammenstellung des Systems wurde ebenso durch Swagelok unterstützt.

Zur Betätigung der Ventile wird großteils ein elektrisches System genutzt, hierfür wurde ein eigener Servoaufsatz für kommerzielle Ventile entwickelt. Für die beiden, relativ großen Hauptventile befindet sich ein pneumatisches System in Entwicklung. Die elektrischen Aktuatoren befindet sich schon seit längerer Zeit in Erprobung und haben sich beim Einsatz am bestehenden kleinen Teststand als verlässlich erwiesen.

Um die Modellierung und die Auslegung des Oxidatorsystems zu verifizieren, wurden die dementsprechenden Komponenten bereits beschafft und werden zur Zeit in den bestehenden kleinen Teststand integriert.

Um verlässliche Zündungen sicherzustellen wird ein sogenannter Torch-Igniter (Im Prinzip ein kleines, einfach zu zündendes Triebwerk, das in die Brennkammer des Haupttriebwerks hineinfeuert), der mit Wasserstoff und Sauerstoff betrieben wird, verbaut.

Das Oxidatorsystem kann bei Bedarf durch geringe Anpassungen am Hauptventil von Lachgas auf flüssigen Sauerstoff umgerüstet werden, um zukünftige Projekte zu unterstützen.

Elektronik

Als Steuerungseinheit für den Teststand wird eine Weiterentwicklung des aktuell am kleinen Teststand eingesetzten Systems verwendet. Dieses System ist in der Lage, den gesamten Testablauf von Betankung über Ventilsteuerung bis hin zum Aufzeichnen von hochauflösenden Messdaten automatisch zu steuern. Das System wird für die Anwendung von Lachgas adaptiert, zusätzlich kommt ein unabhängiges Watchdog-System zum Einsatz, welches die Funktionstüchtigkeit des Hauptsystems überwacht und weitere Funktionen zur Kontrolle des Oxidatortanks (Notentlüftung, Drucküberwachung) enthält.

Sicherheit

Bei der Entwicklung des Teststandes wurde großes Augenmerk auf die Sicherheit gelegt. Es wurde eine umfangreiche Sicherheitsanalyse des Systems, besonders im Bezug auf die involvierten Substanzen und drucktragenden Systeme, durchgeführt. Besonders der Oxidator Lachgas erfordert einige Maßnahmen um Zersetzungsreaktionen zu verhindern.

Trotz all dieser Maßnahmen werden alle Prozesse, die solch eine Reaktion begünstigen (Betankung, Testläufe, Entlüftung) ohne Anwesenheit von Personal, automatisiert oder ferngesteuert, durchgeführt. Für drucktragende Systeme werden ausschließlich geprüfte und für diesen Einsatzzweck zugelassene Komponenten verwendet und alle Druckbehälter sind mit Sicherheitssystemen ausgestattet. Zusätzlich zur räumlichen Trennung und Abschirmung der einzelnen Subsysteme soll ein Löschsystem das Brandrisiko senken.