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How to build a rocket (anhand von STR-07 „Florent“)

Höchstwahrscheinlich haben Sie die folgende Phrase schon einmal gehört: „It’s not rocket science!“. Im Allgemeinen impliziert sie, dass ein gewisses Thema nicht allzu schwierig zu verstehen ist. Wie sich allerdings herausstellt ist „rocket science“, also das Entwickeln und Bauen von Raketen, in der Theorie weit weniger komplex als man vielleicht vermuten würde und kann in ein paar Schlüsselphasen heruntergebrochen werden. Ist der zweifelhafte Ruf der Raketenwissenschaften also ein Produkt von Übertreibungen und komplett ungerechtfertigt? Naja, nicht so schnell…

Im Folgenden werde ich versuchen die fünf elementaren Herausforderungen des Experimentalraketenbauens darzulegen. Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Schritte üblicherweise parallel ablaufen und nicht in dieser speziellen Reihenfolge abgearbeitet werden. Außerdem: In der Realität stellen sich die Dinge im Allgemeinen komplexer dar, als in diesem Artikel beschrieben.

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1) Korpus

Zu Beginn steht die Entwicklung und Fertigung eines leichten, stabilen Körpers für seine Rakete. Hierbei gilt es einige Faktoren einzubeziehen – beispielsweise aerodynamische Stabilität, die zu erwartenden Belastungen der Komponenten und die Dimensionen der Bauteile, die später in der Rakete Platz finden sollen.

STR-07 wurde mit Fokus auf Leichtbau und besondere Strapazierfähigkeit gebaut. Die Rakete hat einen Körper aus Glasfaser und Kohlefaser, die vier Finnen sind aus Kunststoff 3D-gedruckt und ebenfalls mit Glasfaser laminiert. [space_20]

2) Elektronik

Sogar kleine Raketen enthalten deutlich mehr elektronische Komponenten als man vielleicht erwarten würde. Diese ermöglichen eine Kommunikation mit der Rakete am Launchpad, sowie während und nach dem Flug.

STR-07 „Florent“ enthält unter anderem unser FMS 3.2, ein „Altimax Simply“ Altimeter und ein „XBee“ Funkmodul. Im Flugmodus erkennt unser selbstentwickeltes FMS („Flight Management System“) in welcher Flugphase sich die Rakete befindet und dient beispielsweise als Auslöser für die Trennung der Rakete. Die eingebauten Sensoren inkludieren ein Gyroskop, Beschleunigungssensoren (high G & low G), einen 9DOF Sensor sowie Sensoren für Temperatur und Luftdruck. Mit dem Ziel unser „Pyroless Recovery System“ (PRS) unabhängig von dem FMS befüllen zu können, wurde auch die Ansteuerung des PRS überarbeitet und „Igniter-kompatibel“ gemacht. Jeder der zwei PRS-Kanäle verfügt nun über eine eigene Steuerplatine und Akkuversorgung, und ist somit vollständig redundant ausgelegt.[space_20]

3) Antrieb

Dieser Schritt ist essentiell: Man muss sich auf die Suche nach einem Feststoff-Booster begeben, der kompatibel mit der Rakete ist und ihn stabil in der Rakete befestigen. Zusätzlich ist es absolut notwendig einen einfachen und sicheren Weg zu finden die Rakete scharf zu machen und den Booster zu zünden.

STR-07 wurde bei ihrem Jungfernflug von einer „Cesaroni Pro75 L800-P“ angetrieben und flog auf eine Höhe von etwa 3 Kilometern.[space_20]

4) Bergung

Eine sichere und verlässliche Bergung ohne Beschädigung der Rakete ist komplexer als Außenstehende wahrscheinlich erwarten würden. Es gibt verschiedenste Bergesysteme, wir beim „TU Wien Space Team“ verwenden ein System, das die Separation der Rakete nach Erreichen des Apogäums involviert. Danach bremsen zwei Fallschirme den Fall der Rakete auf etwa 5 m/s.

Eine zuverlässige Bergung ist der Schlüssel zur Wiederverwendbarkeit unserer Raketen. Im Fall von STR-07 wurde diese Herausforderung zur größten, der sich unser Team zu stellen hatte: Während unseren ausführlichen Checks wenige Tage vor dem geplanten Start entstanden erstmals Zweifel an der Verlässlichkeit unseres CO2-betriebenen „Pyroless Recovery System“. Wir beschlossen unsere Ressourcen auf diesen zu fokussieren und adaptierten unsere Checklist und unser Vorgehen beim Scharfstellen. Daraufhin gelang es uns alle technischen Abnahmen und Tests zu bestehen, unsere Separation dreimal in Folge zu demonstrieren und den kompletten Flug am Boden vor der Jury zu simulieren („vol simulé“).[space_20]

5) Start

Sobald die Rakete fertiggestellt und funktionsfähig ist, folgt der letzte Schritt: Die Suche nach einer passenden Startmöglichkeit und den Raketenstart. Wichtig ist es dabei zu bedenken: Die Startrampe bzw. Startplattform muss kompatibel mit der Rakete sein.

STR-07 erhielt ihre Startfreigabe von der Jury von „Planéte Sciences“, dem Veranstalter von C’Space, am Vormittag des 19.Juli 2017. Am Nachmittag desselben Tages startete unsere Rakete, verschwand in den Wolken und erreichte gemäß unseren Live-Funkdaten eine Höhe von etwa 3 Kilometern. Allerdings stellte sich bald heraus, dass etwas schiefgegangen war: Nirgends am Himmel war unsere Rakete und ihre beiden Fallschirme zu sehen. Nach einer vergeblichen Suche nach unserer Rakete und einigen Berechnungen war klar: STR-07 war verschwunden. Das Bergesystem unserer Rakete hatte nicht nominell funktioniert. Es besteht nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass unsere Rakete jemals gefunden wird.

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Fazit

Wir haben viele wertvolle Erfahrungen gemacht und arbeiten bereits an einer neuen, verbesserten Version von STR-07. Einige Aspekte des Projekts waren sehr erfolgreich, auch wenn es uns bis dato noch nicht möglich war die Rakete zu bergen. In Fertigungstechnik, gewichtsoptimiertem Design von Raketen und allgemeinem Problemlösen haben wir sehr viel Erfahrung sammeln können. Zusätzlich konnten wir viele junge Studenten für unser Themenfeld begeistern.

Großer Dank gebührt unseren Sponsoren. Nur durch ihre unglaubliche Unterstützung ist es uns möglich unsere ambitionierten Projekte umzusetzen. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen des gesamten Teams bei den folgenden Sponsoren bedanken:

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TU Wien Rektorat
FFG
TU Wien ACIN
Easyname
Airbus Operations GmbH
ANSYS
CadSoft
Siemens

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AUSTROSPACE
Berndorf AG
Modelshop Vienna
EMCO
Schiebel
RUAG
Nowotny
Samtec

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Liros GmbH
TTTech
Cypres
Siltex
Mouser
Molex
Texas Instruments
Ing. Prägler GmbH

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