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Wie das TU Wien Space Team zum Sprungbrett in die Raumfahrtindustrie wird

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit unserem treuen Sponsor TTTech. Wir bedanken uns für die tolle Kooperation.

Fasziniert dich der Weltraum und eine Karriere in der Weltraumindustrie? Oft scheint es, als ob Beiträge zur Weltraumforschung, Raketenstarts, oder eine Reise zum Mond die Monopole von Ländern außerhalb Europas wären. Doch es passiert auch viel in Europa, vor allem auch in Österreich, das einen sehr aktiven und global erfolgreichen Weltraumsektor hat.

Als Mitglied des TU Wien Space Teams an der Technischen Universität Wien kannst du deine Weltraumkarriere direkt vor deiner Haustüre beginnen und praktische Erfahrungen im Design von experimentellen Raketen, Raketenantrieben und Kleinstsatelliten sammeln, aber auch Kontakte zu lokalen und internationalen Unternehmen der Weltraumindustrie knüpfen.

Im Interview erfährst du von zwei Mitarbeitern des Wiener High-Tech-Unternehmens TTTech, wie ihre Weltraumkarriere mit dem TU Wien Space Team begonnen haben. Sie erzählen auch von wertvollen Erfahrungen und Fähigkeiten, die sie jetzt in ihrer Arbeit bei TTTech einsetzen können, bei renommierten Programmen wie NASA Artemis, das die Menschheit zurück zum Mond und weiter zum Mars bringen wird.

TTTech ist ein Spin-Off der Technischen Universität Wien und arbeitet seit 25 Jahren mit führenden Organisationen, Unternehmen und Institutionen der Luft- und Raumfahrtindustrie zusammen. Zu den wichtigsten Weltraumprojekten zählen Beiträge zur NASA Gateway Raumstation, der NASA Orion Raumkapsel und der neuen europäischen Trägerraketengeneration Ariane 6.

Das TU Wien Space Team: wie alles begann

Thomas Bittner war vor 12 Jahren eines der Gründungsmitglieder des TU Wien Space Teams und später auch als Schriftführer tätig. Er studierte Physik an der TU Wien und Embedded Systems an der FH Technikum Wien und entwickelt jetzt bei TTTech Software für Weltraumprojekte: „Einer meiner Kollegen war in Frankreich auf Austausch und hat die Arbeit des dortigen Weltraumteams kennengelernt, das von der französischen Weltraumagentur CNES unterstützt wurde. Das Interesse war geweckt und nach seiner Rückkehr hat er auf der TU eine Ausschreibung gestartet. Ich war dann auch als einer der ersten dabei. Anfänglich waren wir eine kleine Gruppe, ca. 5-10 Leute, die an einem jährlich stattfindenden Raketenwettbewerb für Studierende in Frankreich teilnahmen. Wir haben dafür Raketen entwickelt und gebaut und haben dafür auch die ersten Kontakte mit Sponsoren aufgenommen.“

Christian Plasounig ist Systems Engineer bei TTTech. Er kam 2012 während seines Physikstudiums zum TU Wien Space Team und war sieben Jahre als Mitarbeiter bei Projekten, in der Projektleitung, als auch einige Jahre als Präsident tätig. Er erinnert sich noch gut an die Anfänge des TU Wien Space Teams: „Zuerst hatten wir ein einziges großes Projekt pro Jahr, aber dann haben wir gemeinsam mit der FH Wiener Neustadt an einem CubeSat (Anmerkung: kleiner, würfelförmiger Satellit) gearbeitet und dessen Start hat uns viel Publicity gebracht. Im nächsten Schritt kam dann auch ein Projekt in den USA dazu, bei dem wir mit einer selbstgebauten, zweistufigen Rakete einen neuen Höhenrekord aufzustellen versuchten. Das war ein spannendes und ambitioniertes Projekt, bei dem Koordination und Teamwork besonders wichtig waren – und natürlich haben wir auch viele Herausforderungen meistern müssen, um alle Genehmigungen für den Transport der Rakete in die USA, den Zoll und die Starterlaubnis zu bekommen.“

Mit den neuen Projekten, Versuchen und Ideen wuchs auch das TU Wien Space Team langsam an. TU-interne Veranstaltungen und Feste waren dabei ebenso wichtig, wie der Besuch von Fachmessen im In- und Ausland sagt Thomas Bittner: „Wir haben aktiv begonnen, Sponsoren für unsere Projekte zu suchen und sind dafür an Firmen herangetreten. Am Anfang waren es vor allem Sachspenden, z.B. Material für den Bau der Raketen oder die Möglichkeit, Maschinen in den Fabriken von Sponsoren für unsere Bauteile zu nutzen.“

Intensive Beschäftigung mit Raumfahrtthemen, Rückschläge und Erfolge

„Unsere ersten Sponsoren haben uns Werkzeuge, Equipment bzw. Transportmöglichkeiten zur Verfügung gestellt,“ erinnert sich Christian Plasounig, „Die mediale Aufmerksamkeit in Österreich hat uns auch geholfen, hier Sponsoren zu finden, aber meistens war es harte Arbeit und direkte Ansprache auf Messen wie z.B. die ILA Berlin Air Show – so konnten wir dann auch mit Airbus zusammenarbeiten, um Bauteile zu erstellen. Ein Highlight war auch, dass eines unserer Projekte, ein Mock-Up für ein Mondlandemodul, im Technischen Museum in Wien ausgestellt wurde.“

Mondlandemodul des TU Wien Space Team im Technischen Museum Wien

Mondlandemodul des TU Wien Space Team im Technischen Museum Wien (© Technisches Museum Wien/APA-Fotoservice/Juhasz)

Aber auch Rückschläge mussten verkraftet werden, sagt Thomas Bittner: „Natürlich gab es nicht nur schöne Momente – wenn eine unserer Raketen abgestürzt ist oder ein Versuch nicht funktioniert hat ist das schon ein schwerer Schlag. Man investiert sehr viel in diese Projekte und das TU Wien Space Team war auch ein sehr zeitintensives Hobby. Gerade vor Wettbewerben haben wir oft durchgearbeitet, das ist neben dem Studium schon eine Herausforderung. Man lernt dadurch aber auch mit Druck umzugehen, mit Deadlines und wenig Schlaf, und letztlich lernt man seine persönlichen Grenzen kennen und wie man als Team gemeinsam etwas erarbeitet. Das ist eine sehr intensive Erfahrung – zu den ersten Wettbewerben in Frankreich sind wir zu siebent mit dem Auto gefahren, 24h und 2000 km – da lernt man sich als Team auch sehr gut kennen. Doch auch wenn es nicht immer leicht war, für mich war es eine tolle Zeit!“

Auch Christian Plasounig hat viel aus seiner Studienzeit mitgenommen: „In meiner Zeit beim TU Wien Space Team habe ich gelernt, an Projekten zu arbeiten. Bei einem Wettbewerb steckt viel mehr dahinter als eine Rakete fliegen zu lassen – wir mussten sie ja auch entwickeln und dabei viel Neues probieren, viel testen und Testflüge auf unterschiedlichen Höhen durchführen. Wiederverwertbarkeit war ein großes Thema, denn nach den Tests musste die Rakete natürlich wieder mit Fallschirm in einem Stück zurück kommen, damit wir sie weiter verbessern konnten. Bei der Arbeit habe ich vor allem davon profitiert, im Team und interdisziplinär zu arbeiten. Ich habe auch gelernt, mit Stress umzugehen und unter Zeitdruck auf einen Termin hinzuarbeiten. Gerade auch als Projektleiter beim TU Wien Space Team – wenn man Elektronik, Mechanik und Software entwickelt und am Schluss alles nahtlos zusammengefügt werden muss. Das ist ähnlich wie meine Arbeit heute.“

Von der TU in die (Raumfahrt-)Industrie

Thomas Bittner und Christian Plasounig haben sich schon früh für den Weltraum, für Raumfahrt bzw. Astronomie interessiert und vor allem für die Funktionsweise und das Zusammenspiel von Komponenten. In ihrer Zeit beim TU Wien Space Team haben sie einiges für den späteren Berufsweg gelernt – und sie geben auch gerne Tipps für Studierende, die sich für die Arbeit in dieser Industrie interessieren.

Christian Plasounig: „Für mich war es wichtig, Hands-On-Erfahrung zu sammeln, nicht nur die Theorie aus Büchern zu lernen, sondern selbst etwas zu bauen, zu überlegen, wie etwas funktionieren kann. Das gibt einen viel besseren technischen Einblick und ein Verständnis für Problemstellungen. Ich habe alle Möglichkeiten genutzt – die Labore auf der Universität, die Projekte mit dem TU Wien Space Team, aber ich habe auch privat einige Software und Elektronikprojekte umgesetzt. Wenn man sich bei einer Firma bewirbt, kommt meistens eine Frage zu einem Projekt, das man gemacht hat, damit das Gegenüber die Problemlösungskompetenz evaluieren kann. Ich konnte über das TU Wien Space Team aber auch gute Kontakte in die Industrie knüpfen und bin dann über Praktikum und Teilzeit zu einem unserer Sponsoren gekommen. Über eine Empfehlung von Thomas kam ich dann zu TTTech.“

Thomas Bittner: „Das war bei mir auch so – ich habe mich privat sehr viel mit Controllern und Embedded Systems beschäftigt. Wenn man in einer Firma anfängt, ist es gleich ersichtlich, dass man damit vertraut ist, auch wenn es keine Berufserfahrung, sondern ‚nur‘ private Hobbies sind. Das TU Wien Space Team im Lebenslauf war für mich ein Bonus! Es hatte einen massiven Einfluss auf meinen Karriereweg – denn ich habe dort viele Leute kennengelernt und durch diese Kontakte habe ich gleich nach dem Studium einen Job gefunden. Über einen Kollegen aus meiner ersten Firma bin ich dann zu TTTech gekommen.“

Kommunikationstechnik aus Österreich für internationale Raumfahrtprogramme wie NASA Artemis

Bei TTTech arbeiten Thomas Bittner und Christian Plasounig wieder zusammen, diesmal an den Produkten und Lösungen für NASA Artemis – ein Programm, mit dem Ziel, die erste Frau und die erste Person of Color auf den Mond zu bringen und die weitere Erforschung des Weltraums bis zum Mars zu ermöglichen.

Thomas Bittner: „Es ist wahnsinnig spannend – wir arbeiten an den Kommunikationssystemen für das Gateway, die neue Raumstation im Mondorbit, die schon in den nächsten Jahren in Betrieb gehen wird und die Astronaut:innen vertrauen dort auf unsere Lösungen. Mir gefällt es, Probleme zu lösen und ein gutes Produkt zu entwickeln, auch wenn sehr viel Dokumentation nötig ist – wir müssen schließlich beweisen, dass alles getestet wurde und über viele Jahre funktionstüchtig sein wird. Die Zuverlässigkeitsstandards in der Raumfahrt sind sehr hoch, denn Systeme müssen mehr als 15 Jahre problemlos funktionieren, schließlich gibt es wenig bis gar keine Wartungsmöglichkeiten. Genaue Dokumentation ist auch etwas, das wir schon vom TU Wien Space Team her kennen, es gibt sehr genaue Vorgaben und Kriterien, die unsere Rakete erfüllen musste, damit sie für einen Wettbewerb zugelassen wurde.“

Christian Plasounig: „Ja, genau, Dokumentation ist ungeheuer wichtig für Projekte im sicherheitskritischen Bereich – da ist das Coding selbst vielleicht 10% der Arbeit und 90% sind Dokumentationsaufwand. Ich arbeite im Systems Engineering für unsere Gateway Projekte. Dafür bin ich in ständigem Kontakt mit unseren Software- und Chip-Abteilungen, aber auch mit unseren Partnern wie Beyond Gravity. Und ich bin der technische Ansprechpartner für unseren Kunden Northrop Grumman aus den USA, der das Wohn- und Logistikmodul des Gateway baut. Es ist eines der ersten beiden Module, die ins All geschickt werden und wir liefern hier mit Beyond Gravity Netzwerk-Equipment (Netzwerkkarten, Switches und Onboard-Computer) in praktischen ‚Boxen‘. Der Kunde kann diese Boxen ähnlich wie einen PC in der Raumstation verbauen.“

Schon nächstes Jahr soll erstmals eine Crew in der NASA Orion Raumkapsel um den Mond fliegen und die nächste Mondlandung und der erste Aufenthalt auf der Gateway Raumstation werden auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Und auch Technologie aus Österreich wird dabei eine wichtige Rolle spielen.


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