The Hound ist eine zweistufiges Experimentalrakete mit kommerziellen Feststoffmotoren, gebaut um den europäischen Höhenrekord nach Wien zu bringen. Nach zwei erfolglosen Rekordversuchen 2018 und 2019 sollte 2021 der dritte unternommen werden.
Aber auch 2021 wurde uns ein erneuter Rekordversuch in den USA aufgrund von Reisebeschränkungen verwehrt.
Wir nutzten jedoch die Zeit für Testflüge in Europa, da es trotz des erfolgreichen Fluges in Portugal 2020 noch immer Details zu verbessern gab.
Im Juni und November 2021 wurden erfolgreiche zweistufige Testflüge in Polen durchgeführt, und der teaminterne Höhenrekord auf europäischem Boden auf 11.800 m gehoben. Außerdem haben wir im Oktober 2021 unter dem Zeichen von Nachwuchsförderung und Teambuilding eine Reise zu einem Launch Event in Italien durchgeführt.
Juni 2021: Polen (Drawsko Pomorskie)
Polnische Kollegen ermöglichen regelmäßige Raketenstarts in Polen, genauer gesagt in Drawsko Pomorskie. Das Gelände (340 km²) gehört seit 1946 zur Polnischen Armee und Luftstreitkräfte, und wird auch von der NATO verwendet. Das Gelände ist international auch bekannt als DPTA – Drawsko Pomorskie Training Area.
The Hound wurde in einer zweistufigen Konfiguration mit einem Aerotech M1297 in der Unterstufe sowie einem Aerotech L1420 in der Oberstufe vorbereitet. Getestet werden sollte v.a. ein Auswurfmechanismus des Hauptfallschirmes der Oberstufe: Der zurückgehaltene Hauptschirm wird von einem Linecutter freigegeben und von einem Federmechanismus aus der Spitze geschoben, siehe folgende Skizze.
Dies sollte die Zuverlässigkeit des Bergungssystem erhöhen.
Trotz schlechter Wettervorhersage – Regen und bodennahe Winde sowie Wind in Hurrikanstärke auf 10 km Höhe – entschieden wir uns für einen Start. Zur Berechnung von möglicher Trajektorien kam eine neuentwickelte Software zum Einsatz: DIANA ermöglicht eine Dispersionsanalyse auf Basis von OpenRocket. Somit konnten wir die möglichen Landepunkte bei den vorhergesagten Windverhältnisse gut abschätzen und die Startrampe dementsprechend positionieren.
Der Start sowie der Flug verlief erfolgreich und eine Höhe von 9.800 m wurde erreicht.
Aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten kombiniert mit der Trajektorie der Oberstufe wurden beim Auswurf des Vorschirmes enorme Kräfte freigesetzt und der Auswurfmechanismus beschädigt.
Dadurch wurde der Hauptfallschirm blockiert und die Stufe landete lediglich mit dem Vorschirm. Da die Landung aber auf 20 m Höhe in einer Baumkrone erfolgte, blieb die Raketenstufe unversehrt. Kletterausrüstung und Baumsägen gehören von nun an zum Standardequipment für Raketenstarts auf diesem Gelände.
Oktober 2021: Italien MIR
Im Oktober besuchten wir einen Flugtag in Italien, wo die Nachwuchsförderung in unserem Team sowie Teambuilding im Fokus standen.
Dabei wurde die Oberstufe von The Hound als einstufige Testplattform gestartet. Wichtigster Testpunkt war ein überarbeitetes Bergungskonzept, da sich der Federmechanismus beim letzten Start in Polen als nicht zuverlässig herausgestellt hat. Der Hauptfallschirm wird nun nicht in der Spitze (Nosecone), sondern im Kupplerrohr (Stackcup) zurückgehalten und mit Linecutter freigegeben. Der Test verlief erfolgreich, und daher wurde das Konzept für den nächsten Startversuch für beide Stufen umgesetzt.
November 2021: Polen (Drawsko Pomorskie)
Im November nutzten wir erneut eine Startmöglichkeit auf dem gleichen Gelände in Polen.
Neben weiterer Tests des Telemetriesystems sollte das neu entwickelte Bergungskonzept in beiden Raketenstufen erprobt werden. Das folgende Bild zeigt den Hauptschirm, geschützt in einer feuerfesten Auswurftasche, die beiden redundanten Linecutter, sowie drei redundante Trennladungen. Diese Trennladungen heben die Spitze (Nosecone) vom Rest der Rakete und geben den Vorschirm frei. Da dies auf einer Höhe von über 10 km geschieht, müssen spezielle Vorkehrungen getroffen werden um auch bei geringem Luftdruck zu funktionieren.
Ein Cesaroni M2245 wurde in der Unterstufe verwendet, ein Cesaroni L585 in der Oberstufe. Das folgende Bild zeigt The Hound in der Startrampe, kurz vor dem Countdown zum Start.
Der Start und die Zündung des Oberstufenmotors verlief erfolgreich.
Die Oberstufe erreichte eine Höhe von 10.800 m, was somit die größte Höhe einer Rakete des Teams auf europäischem Boden bedeutet. Diesmal landeten jedoch beide Stufen in polnischen Baumkronen und mussten erneut kletternd geborgen werden.
Getestet wurde auch ein Lokalisierungssystem, welches mit Hilfe mehrerer verteilter Bodenstationen die Positionen eines Funkmodules berechnen kann. Das sogenannte Time Difference of Arrival System (TDoA) funktioniert dabei ähnlich wie ein GNSS System. Folgende Bilder zeigen die Flugbahn beider Stufen.
Bild 1: On-Board-GPS-Positionen, Rot: TDoA-Lösung, Blau: Gemittelte TDoA-Lösungen
Bild 2: Berechnete Höhe des TDoA-Systems gegenübergestellt zur GPS-Höhe.
Das System kann somit einen wichtigen Beitrag zur Lokalisierung der Raketenstufen bei der Landung leisten, falls die die On-board-GPS-Module keine gültigen Positionen liefern. Darüber hinaus kann die maximale Flughöhe auch ohne GPS-Position (siehe COCOM limits) bestimmt werden.
Plan für 2022
Die erfolgreichen Testflüge 2021 motivieren uns für einen erneuten Rekordversuch in der vollständigen Konfiguration von The Hound.
Nachdem die Reisebeschränkungen mittlerweile aufgehoben wurden, planen wir 2022 einen erneuten Start in den USA. Sobald wir die Freigabe der FAA für den Start in Händen haben werden wir hier genauere Details veröffentlichen!